Dienstag, Juni 26, 2007

Titan? Eher Blei

H. wäre gerne Titan. Zumindest trägt er beim Kicken immer ein Torwarttrikot des Münchener Schlussmannes Oliver Kahn. Dem sagt man ja gerne mal nach (bzw. Torhütern im Allgemeinen) dass er "einen an der Klatsche" hat, ob nun positiv verrückt oder wie auch immer. Damit beginnen die Gemeinsamkeiten dieser beiden Personen, doch zugleich enden sie hier auch schon. Während der Titan schon das eine oder andere Spiel für seine Mannschaft gewonnen hat, ist es bei H. umgekehrt. Glücklicherweise spielt er nur beim Hobbykicken, so dass dabei keine Punkte flöten gehen, doch für das eine oder andere Gegentor ist er in jedem Spiel gut. Das Problem daran ist, dass er es nicht einsehen will, dass es seine Fehler waren, die das eine oder andere Tor verschuldeten. Er schiebt es gerne auch andere Einflüsse. Sicherlich kann man sagen, dass man den und den nicht so frei zum Schuss kommen lassen dürfe, der Verteidiger also nicht seiner Arbeit nachgegangen ist, wenn man allerdings angeschossen wird und sich den Ball dann selbst ins Tor boxt, kann auch ein Verteidiger nichts dafür. Lustig ist es auch immer wieder anzusehen, wenn er einem Ball hinterherspringt. Oder genauer: hinterherfällt! H. steht dann da, mit weit zur Seite ausgebreiteten Armen und dann, wenn der Ball ihn gerade passiert, steht er da immer noch so für eine Sekunde, ehe er quasi in Zeitlupe dem Ball, der dann entweder schon im Tornetz eingeschlagen hat oder schon drei, vier Meter im Toraus ist, hinterherhüpft.
Wobei das noch gar nicht das Schlimmste an ihm, wenn man in der anderen Mannschaft spielt, ist es sogar recht hilfreich, es sei denn, der eigene Ästhetiksinn (generell schlecht für einen Fußballer, zumindest während eines Spiels) steht einem im Weg. Sein Mundwerk ist es, was einem an diesem Kerl am meinsten nervt. Zum einen das, was er sagt (wobei man von einem Vierzehnjährigen(?) natürlich noch nichts Weltbewegendes erwarten darf), aber auch, wie er es sagt, nämlich mit einer nicht gerade geringen Lautstärke, die für mich schon an der Grenze des Schreiens anzusiedeln ist. Und dann labert er auch noch pausenlos und man schreibt sich in Gedanken schon mal Panzertape als Mitbringsel für das nächste Mal auf. Und während die anderen kleinen Jungs dort noch alle den nötigen Respekt gegenüber haben und einen nicht einfach anquatschen, ist H. in dieser Hinsicht ein ganz anderer Schlag. Er quatscht sich einfach dich, mit blödem Zeug, was man in der Regel entweder selbst schon weiß (Oh, du trägst ein Deportivo La Coruna-Trikot, die spielen in Spanien in der ersten Liga...) oder gar nicht interessiert. Irgendjemand meinte mal, er sei irgendwie Autist, wenn auch nicht ausgeprägt (was laut anderen aber auch nicht stimmt), doch das ändert nichts daran, dass ich ihn nicht nicht mögen darf (wobei es natürlich leicht ist, ein Kind zu verabscheuen).
Gestern, es goss bei meiner Ankunft in Leer in Strömen, so dass ich in der Innenstadt darauf wartete, dass es abtrocknete, lief dann auch ausgerechnet er mir über den Weg. Ich hatte (laut!) Musik auf den Ohren, während ich mein Rad abschloss, als er mit seiner blonden Rastalockenmähne auf mich zugelatscht kam. Ich nahm meine (deutlich sichtbaren) Ohrstöpsel nicht raus und sah so nur, dass er wohl mit mir redete. Nach einer knappen Minute nahm ich mir dann doch mal die Dinger aus den Ohren, man ist ja wenigstens ein bisschen höflich. Er laberte mich über's Wetter an, dass es ja stark regnete (war ja nicht zu übersehen). Ich ließ ihn stehen.

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1 Comments:

Blogger Ulrike said...

vielleicht ist er ja auch kein autist, sondern hat nur ne macke. oder ads.

27/6/07 07:06

 

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