Dienstag, Dezember 12, 2006

Die Wildsau

So wurde ich mal von jemandem tituliert. Ich glaube aber kaum, dass mich die Person je hat spielen sehen, auch wenn ich zugegebenermaßen zu der Zeit gerne mal für die eine oder andere gelbe Karte zu haben war. Vom Platz geflogen bin ich aber nur drei Mal. Einmal in der Jugend eine Fünf-Minuten-Strafe (allerdings drei Minuten vor Schluss), einmal eine gelb-rote Karte eine Minute vor Ende des Spiels (wobei zu erklären ist, dass die Regelung, dass eine gelb-rote Karte zu einem Spiel Sperre führt, in den unteren Klassen, in denen ich mich bewege, nicht greift) und dann noch den gleich im Folgenden geschilderten Platzverweis. Vielleicht hat mich die betreffende Person aber auch einfach mit meinem Bruder verwechselt, da wäre er auch nicht der einzige gewesen...

Es war Derbyzeit, unsere Brinkumer Erste war zu Gast bei der Zweiten von Hesel. Damals spielten wir beide noch in der 2. Kreisklasse. Der erste Angriff der Heseler näherte sich unserem Tor, der gegnerische Stürmer schrie nach eine Grätsche auf und stürzte zu Boden. Die Kaugummiautomatenpfeife des Schiedsrichters ertönte. Foul. Nun gut, der Schiri hatte entschieden, wenn auch falsch. Dummerweise führte der Freistoß direkt zum 1:0 für die Heimmannschaft. Wenig später eine ähnliche Situation, wieder der gleiche Spieler, wieder ein Schrei, ein Pfiff. Foul, gelb für meinen Bruder, wieder entschied der Neufirreler Sportskamerad auf Freistoß - 2:0. Wir fühlten uns zu diesem frühen Zeitpunkt schon arg verschaukelt, aber was sollte man machen. Es dauerte nicht lang, da hatte mein Bruder seinen Gegenspieler wirklich mal gelegt, auf Höhe der Mittellinie. Ein stinknormales Foul eigentlich, doch der Gegner schrie mal wieder auf wie ein abgestochenes Schwein. Ehe mein Bruder sich versah hatte er schon seinen zweiten gelben Karton in diesem Spiel vor seiner Nase, gefolgt vom roten: Platzverweis. Innerlich am Kochen beherrschte sich mein Bruder aber wohl irgendwie und ließ keinen Kommentar folgen wie das legendäre "Muh Muh Muh", dass er in einem anderen Spiel von sich gegeben hatte. Wenig später war ich dann an der Reihe, der Gegner lief an mir vorbei, doch nicht lange. Wenig später lag er umgesenst auf dem Rasen. Frustfoul, die Verwarnung durchaus berechtigt. Als einer meiner Mitspieler dann allerdings wenig später ähnlich rücksichtslos umgegrätscht wurde, entschied der Herr Schiedsrichter aber auf weiterspielen. Das Spiel ging weiter und resultierte in einem Einwurf für den Gegner. Ich konfrontierte den Schiedsrichter, der weniger für eine klare Linie - eher für Klaren und Linie (Aquavit) - bekannt war als für seine Fahne (womit natürlich nicht das Stück Stoff in der Hand des Schiedsrichterassistenten gemeint ist), mit meinem Unmut. Warum er das Foul denn nicht ahnden würde, fragte ich ihn. Er meinte, ich solle ruhig sein, sonst könne ich gleich vom Platz runter gehen. Wenn sie das meinen, so meine Antwort. Seine Antwort war eine gelbe Karte. Noch bevor er ansatzweise die folgerichtige rote Karte hinterher zeigen konnte, ging er zu Boden. Ich hatte ihm, ohne die 30 Meter Anlauf, die mittlerweile nachgesagt werden, einen kleinen Schubser mit beiden Händen verpasst, doch da er sich auf den Spuren eines Ahlenfelders im Jahr 1975 befand, zog ihn die Scherkraft rasch auf seinen Allerwertesten. Ich hatte es aber schon gar nicht mehr mitbekommen, sondern befand mich auf dem Weg quer über den Platz. Der gegnerische Stürmer kam plötzlich wie ein Beserker auf mich zugerannt (warum auch immer?) und in einer Art Selbstschutz lag auch er wenig später am Boden (schlauer wäre es natürlich gewesen, wenn ich von ihm mich hätte umlaufen lassen - so hätte er wegen einer Tätlichkeit auch des Platzes verwiesen werden müssen - die Frage wäre nur gewesen, ob der Schiedsrichter dies auch geahndet hätte). Nur dank dieser Situation hatte der Schiedsrichter noch die Möglichkeit gehabt, noch auf dem Spielfeld den Platzverweis zu verhängen. Ich ging duschen, an den Spielstand zu diesem Zeitpunkt erinnere ich mich nicht mehr. Zur zweiten Halbzeit setzte ich mich an den Spielfeldrand. Immerhin gelang uns trotz zwei Mann in Unterzahl noch der Ehrentreffer. Der Schiedsrichter hatte den Vorfall im Spielbericht vermerkt und wollte folgerichtig den Pass einbehalten. Nur dass er sich für den meines Bruders entschied und erst von unserem Mannschaftskapitän auf seinen Fehler hingewiesen werden musste. Das Sportgericht verhängte wenig später fünf Spiele Sperre gegen mich.

Labels: