Dante Hicks: You hate people!
Randal Graves: I know. I hate people [...]
Randal spricht mir ja sowas von aus der Seele. Montage sind für Pendler schon übel, im Allgemeinen aber nichts gegen Freitage. Und heute war einer dieser Freitage, zumal auch noch dieses böse, zusammengesetze Wort mit im Spiel war: Schienenersatzverkehr.
Meine Schmerzgrenze hatte ich schon bei der Krankengymnastik überschritten, doch bis zur Endhaltestelle aufgrund des Schienenersatzverkehrs war eigentlich noch alles recht okay. Doch in Bad Zwischenahn ging es dann los. Die Leute drängten sich aus dem Zug und durch die Unterführung hin zum ZOB, wo die Busse bereitstanden. Scheinbar können einige Menschen aber von Natur aus nicht gerade laufen oder es ist einfach deren Aufgabe, anderen (schnelleren) Leuten im Weg zu sein. Drüben auf der anderen Seite waren die Busse dann auch noch verschlossen, dementsprechend bildete sich ein kleiner Pulk vorm Eingang, inklusive Gedränge mit mir zwischendrin. Die Tür ging auf, die Leute quetschten sich rein. Ich suchte mir einen Platz in der Nähe des mittleren Ein-/Ausgangs und harrte der Dinge, die da nun kamen. Irgendwann zwängte sich ein Endvierziger auf den Sitz neben mir, während das Mädel, die schon am Eingang des Busses die ganze Zeit am Nörgeln war, ihren besten Satz losließ: "Können die nicht einfach mal die Klappe halten und nach hinten durchgehen?" "Wie wär's wenn du mit gutem Beispiel vorangehst und anfängst still zu sein?" schoss es mir durch den Kopf, mit dem festen Vorhaben, ihr das beim nächsten Satz an den Kopf zu werfen - sie blieb den Rest der Fahrt still.
Die Türen gingen zu, der Bus fuhr los, das Martyrium begann. Im hinteren Teil des Busses konkurrierten zwei Kaffeeklatschkreise um die Vormachtstellung, was den Lautstärkepegel anging. Aus keiner der beiden Runden und auch aus sonstigen Gesprächen verstand man deshalb mehr als Wortfetzen, die Ohren fühlten sich überfrachtet. Zu allem Überfluss atmete der Mann neben mir auch noch den ganzen Weg über laut und schwer, als ob er eine Tonne wiegen würde und gerade den Kölner Dom hinaufgestiegen wäre. Der Klassiker in solchen Situationen schoss mir in den Kopf und ich begann, den Anfang von Machine Heads Davidian auf der Einfassung der Fensterscheibe zu trommeln. Etwas vorgespult würde die Textzeile "Let freedom ring with a shotgun blast" auf mich warten. Andere Lieder schossen mir in den Kopf. Such A Surge - Amok ("In meiner Hand das kalte Metall") oder Rain von Samael ("Let it rain, a day, a week, a year. Let it rain one thousand years a day") und deren Tool-Äquivalente: Jerk-off ("Consequences dictate our course of action. And it doesnt matter whats right. It's only wrong if you get caught. If consequences dictate my course of action I should play god and shoot you myself") und Aenema ("I'm praying for rain and I'm praying for tidal waves.
I wanna see the ground give way. I wanna watch it all go down"). Das Verlangen stieg, mein Handy herauszuholen und um Absolution zu bitten, in der Hoffnung, dass irgendjemand mit "ja" antworten würde: "Darf ich Töten? Darf ich? Darf ich? Darf ich? Bitte, bitte, bitte!" Am besten auch noch alles in Großbuchstaben.
Oldenburg. Die Erlösung nahte. Mein Gehirn war längst schon überladen, keine Gedanken mehr an sintflutartige Regenschauer, die diese Menschen hinfortspülen würden. Kein Regen mehr, nur noch Schnee im Kopf: "Let it Snow, let it snow, let it snow" (Sammy Cahn und Jule Styne). In Anbetracht des üblichen Freitagnachmittagverkehrs graut es mir aber schon vor der Rückfahrt...
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